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Heimatjournal
01 Juni, 2022

4 Min. Lesezeit

Carmen Denker-Landgraf

„Heimat ist, wo ich mich wohlfühle”

„Heimat“ – im ersten Moment klingt das furchtbar altmodisch! Aber gerade in den letzten Jahren wurde mir ganz deutlich bewusst, wie wichtig, wie wert- und bedeutungsvoll Heimat ist! Heimat ist für mich nicht nur der Ort, wo ich lebe, Heimat ist, wo ich mich wohl und angekommen fühle.

© Kati Schulz


Steckbrief
Name: Carmen Denker-Landgraf
Wohnort: Wasungen


Ich wurde in Bad Liebenstein geboren und verbrachte dort auch die ersten sechs Jahre meines Lebens. Als wir dann nach Wasungen zogen, war ich furchtbar unglücklich, meine Freunde, meine Erzieherinnen, meine geliebte gewohnte Umgebung – es gab sie nicht mehr. Auch wenn es nur wenige Kilometer waren, so hatte ich meine vertraute Umgebung, meine Heimat, verloren. Meine Eltern hatten es nicht einfach, bin ich doch sogar aus dem Kindergarten einfach ausgerissen, weil mir dort alles fremd erschien, obwohl man sich viel Mühe mit mir gab.

Das änderte sich mit dem Schulanfang, einige Monate später. Plötzlich war es für alle meine Mitschüler ein Neuanfang. Ich fühlte mich wohl. Uns verband alle das gleiche Schicksal. Wir fügten uns zusammen und ich fühlte mich angekommen. Wasungen war zu meiner Heimat geworden und das jetzt schon seit 50 Jahren.

Als ich 18 war, zog es mich der Liebe wegen drei Jahre in den Harz. Es ist schön im Harz, aber eben nicht meine Heimat. Ich fühlte mich immer als „Zugezogene", obwohl ich mit meinem damaligen Mann dort lebte. Ich fühlte mich zwar akzeptiert und respektiert, aber nie aufgenommen und verstanden. Irgendwann habe ich es nicht mehr geschafft, bei einem meiner vielen „Heimatbesuche“ wieder zurückzufahren. Das Heimatgefühl war einfach stärker als die Liebe. Hier in meinem Heimatort Wasungen habe ich wieder Kraft, Ruhe und zu mir selber gefunden. Mein Seelenfrieden war hergestellt und die Welt war wieder in Ordnung.

© Kati Schulz

Viel Schönes habe ich gerade in den letzten Monaten durch meine Arbeit entdeckt. Ich war das erste Mal in der Kunststation Oepfershausen oder im Schwarzen Schloss und war erstaunt, was dort alles geboten wird. Ich entdeckte die Hümpfershäuser Hütte für mich, eine der schönsten Aussichtsmöglichkeiten in meiner Region. Die „Obere Wallbachsmühle" bei Metzels gehört zu meinen Lieblingsausflugszielen, sowie auch der Seerosenteich bei Eckardts. Die Skulpturen, welche man in ganz Mehmels findet, erfreuen ebenso mein Herz, wie die Kirchen von Schwallungen, Wahns und Schwarzbach. Das Cotta-Museum in Zillbach, die Friedelshäuser Hütte bei Friedelshausen und nicht zu vergessen, unseren herrlichen Forstbotanischen Garten in Wasungen, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen, sind wunderschöne Ausflugsziele in meiner Heimat.

Ich erfreue mich bei Radwanderungen, wie schön unsere Gemeinden in den vergangenen Jahren geworden sind und wie die Menschen sich bemühen, ihren Ort, und sei er auch noch so überschaubar, stolz zu repräsentieren, bzw. auch seinen Einwohnern etwas zu bieten.

Und all das vereint die atemberaubende Natur, die zahlreichen Wanderwege, die immer besser ausgebauten Radwege – es hat sich so viel getan, man muss es nur sehen können. Aufgeschlossen und positiv gestimmt erkennt man so viel Wunderbares!

Es ist herrlich, wenn die Leute einen grüßen und manche hinterher tuscheln: „Du, kennen wir die nicht?“ Und dann darf ich ganz stolz von mir behaupten: Dort, wo ich glücklich bin, darf ich auch arbeiten. Ich wohne nicht nur in einer der schönsten Regionen Deutschlands, ich habe auch den für mich schönsten Beruf der Welt. Ich bin seit mehr als 30 Jahren Standesbeamtin! Viele Jahre war das Schloss Elisabethenburg in Meiningen, zeitweise auch Schloss Landsberg, meine Wirkungsstätte und gewiss können nur sehr wenige Menschen von sich behaupten, so schöne Arbeitsräume zu haben.

© Kati Schulz

Jetzt, nach meinem Wechsel nach Wasungen, in die Heimat, geht es mir ebenso. Unser Damenstift, welcher zurzeit restauriert wird und dann spätestens im nächsten Jahr sich als Schmuckstück präsentiert, die Burg Maienluft, allgemein bekannt als Ausflugs- und Wohlfühlhotel, aber auch unser bezauberndes Schloss Sinnershausen in Hümpfershausen, gehören zu meinen Arbeitsorten. Ich liebe es, dort Brautpaare, deren Gäste und „Interessierte“ begrüßen zu dürfen.

Ich bin dann einfach stolz und glücklich zugleich, den Einheimischen, aber auch unseren Gästen, so viel Schönes bieten zu können! Schönes gibt es überall, auch im Allgäu, in Österreich, an der Ostsee, der Heimat meines Mannes, fühle ich mich sehr wohl. Ich wanderte im Himalaya, überquerte die Alpen – überall war und ist es wunderschön, aber überall dort erlebte ich als Gast das Schöne. Hier in meiner Heimat kommt zu all dem Schönen noch das wunderbare Gefühl hinzu: „Hier bin ich zu Hause, hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“.

Erschienen in der Ausgabe 06/2022 (zum Heftarchiv).