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Heimatjournal
01 Mai, 2024

4 Min. Lesezeit

Annemarie Joyko

„Sieh die Welt durch Kinderaugen”

Ich bin Annemarie, 26 Jahre alt und wohne mit meinem Mann, meinem eineinhalbjährigen Sohn, sowie unserem Hund Mailo in Sulzfeld, einem kleinen Örtchen im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld, rund 8 km südwestlich von Bad Königshofen entfernt. Hier bin ich mit meinen zwei jüngeren Brüdern aufgewachsen. Ich war schon als Kind viel in der Natur und bin es heute noch sehr gerne. Nur während meiner Ausbildung zur Erzieherin zog es mich einige Jahre fort von Sulzfeld nach Münnerstadt. Während dieser Zeit hatte ich kein Heimatgefühl. Man kannte die Nachbarn nicht, es war eher das anonyme Gefühl von Kleinstadt und mir fehlte das Miteinander wie auf dem Dorf. In meinem letzten Jahr der Ausbildung bekam ich die Chance die Ausbildung in Sulzfeld, in meinem alten Kindergarten, zu beenden und so zog ich im letzten Ausbildungsjahr wieder zurück in meine „alte“ Heimat. Wenn ich heute in Sulzfeld durch die Straßen laufe, jetzt mit Kinderwagen, erinnere ich mich gerne an meine Kindertage zurück, wie ich zwischen den Bächen, wie der Barget, und den Bäumen mit Nachbarkindern, meinen Geschwistern oder Schulfreunden gespielt habe. Wir beobachteten total gerne die Entwicklung der Kaulquappen an dem kleinen Bächlein, und schauten täglich nach, wie viel sie gewachsen sind.

Annemarie Joyko in der Natur in Sulzfeld © Kati Schulz


Steckbrief
Name: Annemarie Joyko
Wohnort: Sulzfeld
Alter: 26 Jahre
Hobbys: Nähen, Zeit mit der Familie, Fahrrad fahren, Lesen
Lieblingsspruch: „Sieh die Welt durch Kinderaugen“


Blick vom "Grabfeldblick" nahe des Märchenwalds Sambachshof © Kati Schulz

In meiner Kindheit war ich ein totales Opa-Kind. Mit ihm war ich sehr oft im Märchenwald Sambachshof, der in einem idyllischen Wald- und Wandergebiet der Kurstadt Bad Königshofen liegt. Ich habe dort viel Zeit mit ihm verbracht und jedes Mal ist es ein Stückchen wie Heimkommen, wenn ich heute mit meinem kleinen Sohn dort bin. Mir ist es wichtig, auch meinem Sohn eine schöne Kindheit zu bieten und ihm genauso das Gefühl von Heimat zu vermitteln, ihm all die schönen Orte hier zu zeigen und ihm meine Heimat- und Kindheitsgeschichten zu erzählen.

Mittlerweile nehme ich jetzt viele Orte, wie zum Beispiel den Spielplatz oder den Wald ganz anders wahr, wenn ich sie mit meinem Sohn besuche und erinnere mich gerne, was ich dort als Kind alles erlebt habe – wie das Schlittenfahren auf dem Berg in Sulzfeld, die Zeit im Garten meiner Eltern oder am Sulzfelder Badesee.

Generell gibt es aber nicht nur den EINEN Lieblingsplatz. Ich würde sagen, eher eine Lieblingsregion und zwar HIER, im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld. Hier, wo ich aufgewachsen bin. Es stecken so viele schöne Erinnerungen in jeder Ecke meiner Heimat.

Natürlich zählt auch mein (fränkisches) Lieblingsessen – Mehlklöße mit Gurkensalat (von meinem Mann gekocht) zum Heimatgefühl dazu, das ich zu jeder Jahreszeit genießen kann. Besonders gefällt mir allerdings die Sommer- und Herbstzeit in meiner Heimat, die Zeit, in der man viel in der Natur unterwegs ist. Im Sommer bin ich mit meiner kleinen Familie auch noch heute viel am Badesee in Sulzfeld oder im Garten meiner Eltern. Im Herbst, wenn sich die Blätter der Bäume bunt färben, genieße ich mit meiner Familie gerne die letzten Sonnenstrahlen vor dem Winter.

Ich liebe es, mit meinem Mann, meinem Kind und Hund Fahrrad zu fahren: Über Kleinbardorf Richtung Kleineibstadt ist unsere Lieblingsstrecke. Wir begrüßen jedes noch so kleine Tier oder Fahrzeug auf dem Weg. Das ist mir besonders wichtig, sich bewusst für die kleinen Dinge im Leben Zeit zu nehmen, sich darüber zu freuen und dankbar zu sein, und sei es „nur“ eine kleine Blume am Wegesrand. Denn es gibt hier so viele kleine wunderbare Dinge, die wir oft im stressigen Alltag übersehen. Das merke ich eben auch an meiner Arbeit im örtlichen Kindergarten. Kinder sehen die Welt mit ganz anderen Augen. Sie schätzen die kleinen Dinge und erfreuen sich am kleinen Marienkäfer in der Wiese.

Die Zeit mit der Familie ist mir besonders wichtig und so kam ich eines Tages, als ich das Nähen von Taschen von einer Bekannten lernte, auf die Idee Babykleidung für die Babys in der Familie zu nähen und entdeckte so meine große Leidenschaft für das Nähen. Es entwickelte sich ein immer größerer Bekanntenkreis, für den ich dann Babykleidung nähte. Durch die vielen positiven Rückmeldungen wagte ich den Schritt und startete 2017 mein „Nähgewerbe“. Seitdem verkaufe ich online meine selbstgenähte Babykleidung.

Am Badesee in Sulzfeld © Kati Schulz

Die Idee zum Namen „Annaehmarie“ kam von meiner Oma. So ist auch heute meine Familie eine große Stütze für mich. Sie bedeutet für mich ebenso ein Stückchen Heimat.

Da ich ein Mensch bin, der vor dem Kauf die Kleidung lieber anfassen möchte, kam mir letztes Jahr die Idee, eine Telefonzelle als Selbstbedienungshäuschen zu nutzen. So kann ich meinen Kunden auch die Möglichkeit geben, lokal einzukaufen und auch sonntags kurzfristig ein Babygeschenk zu besorgen. Die Telefonzelle stand schon Jahre im Garten meiner Eltern und wurde als Tomatengewächshaus genutzt. Wir bauten diese dann um und so kann ich sie nun als Präsentations- und Verkaufsfläche meiner selbstgenähten Babykleidung nutzen.

Ebenso fand ich die Idee vom PA.LE CAFÉ in Bad Königshofen und dessen Pop-Up Stores so toll, dass ich dort auch eine Verkaufsfläche für meine Produkte gemietet habe. Ich finde es so wichtig, die lokalen Geschäfte zu unterstützen und so eben die Region zu stärken.

Ich genieße es sehr, hier in Sulzfeld zu leben. Ich besuche oft meine Patentante in München und freue mich auch sehr über den Großstadttrubel und die Abwechslung, bin aber jedes Mal wieder froh in Sulzfeld anzukommen. Diese Dorfruhe hier schätze ich sehr. Ich kann mich in einer Großstadt einfach nicht heimisch fühlen. Die Ruhe und Natur und auch dass man durch nette Nachbarn und Gemeinschaft ein Gefühl von WIR und Heimat hat, das mag ich sehr.

Und wenn man hier zu Besuch mit Kindern ist, sollte man unbedingt meinen Ort der Kindheit gesehen haben: Den Märchenwald Sambachshof.

Annemaries Selbstbedienungs-Telefonhäuschen © Kati Schulz

Erschienen in der Ausgabe 05/2024 (zum Heftarchiv).