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Heimatjournal
26 Juni, 2024

4 Min. Lesezeit

Tim Ritter

„Die Rhön ist schön”

Hallo, mein Name ist Tim Ritter, ich bin 27 Jahre alt und komme aus Ostheim vor der Rhön, auch „Perle der Streu” genannt. Hier bin ich aufgewachsen, etwas abgelegen von der Kernstadt, auf dem Naturlandbetrieb meiner Familie.

Als Kind habe ich es geliebt, in den Rhöner Skigebieten Ski zu fahren. Aber nicht nur im Winter begeistert mich die Rhön. Wir haben hier so viele Besonderheiten der Natur quasi vor der Haustür: die Wasserkuppe, den Kreuzberg, schöne Freibäder und das Schwarze Moor, von dem aus man einen super Ausblick über die ganze Rhön hat. Die Rhön ist einfach schön.

Tim Ritter auf dem Holunderbuschfeld des Biohofs Ritter © Kati Schulz


Steckbrief
Name: Tim Ritter
Wohnort: Ostheim
Alter: 27 Jahre


Holunderbuschfeld Biohof Ritter © Kati Schulz

Der Betrieb in Ostheim ist schon immer in Familienhand. 2002 haben meine Eltern den Betrieb auf Ökologische Landwirtschaft umgestellt und gleichzeitig haben wir das Milchvieh abgeben und sind auf die Mast vom Bio-Puten umgestiegen. Seit 2005 sind wir im Anbau von Bio-Holunder tätig.

Unser Bio-Holunder wird für die berühmte Holunder-Bionade verwendet. Schon als Kind habe ich auf unserem Hof mitgeholfen. Begeistert haben mich als Kind unsere Kaninchen und Hühner, um die ich mich immer gekümmert habe.

Für meine Ausbildung zog es mich weg aus meiner Heimatstadt. So habe ich im Staatsgut Kitzingen eine Ausbildung als Tierwirt, Fachrichtung Geflügel, absolviert. Im Anschluss bin ich in den Jahren 2016 und 2017 für einen Work and Travel-Aufenthalt nach Australien gegangen. Startpunkt war Adelaide (Südaustralien), da wir dort Verwandte haben. In der Nähe von Adelaide habe ich auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Schwerpunkt Hähnchenmast gearbeitet. In dieser Zeit gab es den ein oder anderen Moment, in dem ich die Heimat vermisst habe, besonders an Weihnachten oder zu Geburtstagen, wo man sich mit der Familie und Freunden trifft. Ich hatte allerdings das Glück, dass ich in Australien sowohl im Arbeitsumfeld als auch von den Verwandten so gut aufgenommen und in die Familien integriert wurde, so dass wir immer noch im Kontakt stehen. In Australien habe ich vor allem die gute Wurst (ich liebe Thüringer Bratwurst) und das deutsche Brot vermisst. Besonders gefallen hat mir die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Australier.

Nach meiner Zeit in Australien arbeitete ich wieder im Familienbetrieb mit, bevor ich mich 2018 für das Parlamentarische Patenschaftsprogramm (PPP) vom Deutschen Bundestag und dem US-Senat beworben habe. Dies ist ein speziell für junge Berufstätige konzipiertes Stipendium. Ab August 2019 durfte ich dann am 36. Parlamentarischen Patenschaftsprogramm teilnehmen – ein spannendes Jahr in den USA wartete auf mich. Das erste halbe Jahr habe ich ein College in Portland (Oregon) besucht und danach arbeitete ich auf einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Oregon ist für seine Haselnüsse bekannt. In der Nähe des Landwirtschaftsbetriebes, auf dem ich arbeitete, gab es zahlreiche Plantagen mit Haselnüssen. Das brachte mich auf die Idee, Haselnussbäume könnten auch wir auf unserem Hof in Ostheim gut mit unserem Putenauslauf kombinieren. Denn die Haselnussbäume spenden den Puten Schatten und Schutz, wodurch sie sich wohler fühlen und den Auslauf mehr in Anspruch nehmen. So erzählte ich nach meiner Zeit in Oregon meinen Freunden von der Idee, Haselnussbäume anzubauen. Da fragte mich ein Freund, ob ich für ihn 20 Haselnussbäume mit Trüffelsporen anpflanzen kann, um seinen Hund zu trainieren.

Mit der Idee, Haselnussbäume für den Trüffelanbau zu nutzen, flog ich nach Frankreich um mich in hiesigen Baumschulen näher über den Anbau von Trüffel zu informieren. Von meinem Frankreich-Aufenthalt an der Côte d’Azur kam ich dann mit über 300 Haselnuss-Trüffelpflanzen zurück. Vor einigen Wochen haben wir die Bäume auf dem Gelände unseres Naturlandbetriebs gepflanzt. Mit ein wenig Glück und Geduld, können wir in ein paar Jahren Trüffel an den Wurzeln und Nüsse an den Bäumen ernten.

Blick vom Holunderbuschfeld © Kati Schulz

In meiner Freizeit liebe ich es zu reisen, fremde Länder und Städte zu erkunden und neue Erfahrungen zu sammeln sowie Menschen kennenzulernen. Davon profitiert auch meine Arbeit auf unserem Biohof.

Seit meinem USA-Aufenthalt bin ich auf unserem Betrieb für die Mast und die Vermarktung von unserem Bio-Geflügel zuständig und außerdem für den Vertrieb unserer Bio-Heulimonade. Neben unseren Bio-Puten, Bio-Hähnchen, Bio-Enten und Bio-Perlhühnern bieten wir auch eine größere Menge an Bio-Gänsen an. Unser Geflügel verkaufen wir in unserem Hofladen, welchen wir geöffnet haben, wenn wir frisch geschlachtetes Geflügel anbieten oder nach vorheriger Absprache. Ein Großteil unseres Geflügels geht an verschiedene deutsche Schlachtereien.

Eindrücke vom Biohof und links die Bio-Heulimo © Kati Schulz

Regionalität ist uns sehr wichtig. So wird unsere Bio-Heulimonade zum größten Teil aus unseren Rohstoffen hergestellt – Bio-Holunderblüte und -beere, Quitten und aus unserem Heu. Beim Geflügel füttern wir zum größten Teil unser Getreide, welches wir selbst anbauen. Das fertige Futter beziehen wir von der Kaisermühle in Gänheim und die Schlachterei für unsere Direktvermarktung befindet sich in der Nähe von Fulda. Auch beim Holunder achten wir auf Regionalität – hier setzen wir ausschließlich Erntehelfer aus der Region ein, von denen uns die meisten schon seit mehreren Jahren unterstützen. All das zusammen macht für mich Heimat aus. Worauf ich ganz besonders stolz bin, ist die Ehrenauszeichnung „Region.Tradition. Innovation”, welche wir vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz für unsere Arbeit bekommen haben.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Menschen hier offener für Neues sind und auch versuchen, neue Wege zu gehen.

Eindrücke vom Biohof Ritter © Kati Schulz

Erschienen in der Ausgabe 07+08/2024 (zum Heftarchiv).