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Heimatjournal
01 August, 2023

4 Min. Lesezeit

Nicole Stiefel

„Heimat ist für mich der Ort, wo meine Wurzeln liegen ...”

Mein Name ist Nicole Stiefel, geboren und aufgewachsen bin ich in Bad Neustadt a. d. Saale. Ich hatte eine wunderschöne Kindheit. Wir waren Gassenkinder, aufgewachsen in der Stadt. Jeden Tag waren ich und die 15 Nachbarskinder zusammen. Da spielte Alter, Hautfarbe und Sprache keine Rolle. Wir kannten unsere Familien, es gab immer etwas zu essen und wenn das Fenster aufging und die Mama gerufen hatte, da war es Zeit nach Hause zu gehen. Als Kind saugte ich schon viel auf, der Zusammenhalt untereinander war mir da schon wichtig. Wir hatten unser eigenes Murmelloch mitten auf der Straße und leiteten den Verkehr auch einfach mal um. Wir waren eins und jeder passte auf den anderen auf. Ich glaube, meine Kindheit hat mich sehr geprägt. Wir stellten nichts Schlimmes an. Wir waren einfach nur Kinder in einer ganz großen Welt. Heute, über 40 Jahre später, treffen wir uns immer noch. Dies ist für mich auch ein Gefühl von Heimat, mit Menschen zusammen zu kommen und gemeinsam Gespräche zu führen, einfach die Zeit zusammen zu genießen.

Nach meiner Schulzeit machte ich eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel und und eine Ausbildung zum Visual Mechandiser. Danach zog es mich erstmal weg von Zuhause. 10 Jahre lebte ich in Nürnberg und dann 10 Jahre in Heilbronn. Ich arbeitete bei H&M als Visual Merchandiser und war dadurch sehr viel in ganz Deutschland unterwegs.

© Kati Schulz


Steckbrief
Name: Nicole Stiefel
Wohnort: Willmars
Alter: 49 Jahre
Hobbys: draußen sein, das Leben genießen, alte Möbel zu neuem Leben erwecken, Kuchen backen
Lieblingsspruch: Starke Mädchen haben nicht nur schöne Augen starke Mädchen haben Phantasie und Mut.


Nach über 20 Jahren zog es mich zurück in die Heimat, ich kaufte mir in Willmars ein renovierungsbedürftiges Haus und steckte hier sehr viel Herzblut hinein. Als Kind und Jugendliche war mir es schon bewusst, wie schön es in meiner Heimat ist, aber nach 20 Jahren wieder zurückkehren und alles mit anderen Augen zu sehen, machte mein Herz glücklich und bringt meine Augen auch heute noch immer wieder zum Strahlen.

Friedenskreuz auf dem Lappberg und Kirche in Willmars © Kati Schulz

Blick vom Lappberg auf Willmars © Kati Schulz

Meine große Liebe galt schon immer den alten Möbeln und Dingen, die bereits eine lange Geschichte haben. Ich möchte solche Möbel und Dekorationen nicht einfach wegschmeißen, nur weil sie alt sind. So gab ich ihnen einen Platz in einem kleinen Laden namens HEIMATHAFEN, den ich im Oktober 2017 in Bad Neustadt eröffnete. 2020 zog ich mit meinem HEIMATHAFEN nach Willmars und vergrößerte mich hier mit meinem Café in der Oberdorfstraße 11. Für mich ist das Café ein Ort, an dem man ankommen, sich zuhause und wohlfühlen kann.

In meinem Café versuche ich viele Sachen aus der Region zu beziehen. Auch ein großer Punkt für meine Heimat, die Region und das zu schätzen, was es hier gibt. Das Obst aus den Gärten der Nachbarn zu bekommen, ist eine sehr große Bereicherung für mich und mein Café. Da denke ich so oft, wie schön es ist, hier zu leben – in meiner Heimat, die ich auch sehr gerne meinen Gästen weitergebe.

Ich liebe es, wenn ganz verschiedene Menschen in meinem HEIMATHAFEN zusammenkommen, Einheimische und Reisende, Urlauber und jemand wie du und ich, aus den benachbarten Dörfern. Sich immer die Momente Zeit nehmen, um sich auszutauschen über aktuelle Themen und natürlich auch gerne über die Dinge und Zeiten, in denen die Welt noch anders getickt hat.

Außenbereich vom Café HEIMATHAFEN in Willmars © Kati Schulz

Die Leute mögen es sehr, bei mir zu verweilen, ohne Hektik und Eile. Bei meinem Stück von meinem selbstgebackenen Kuchen und eine Tasse Kaffee können die Gäste ihre Seele baumeln lassen und sich einfach wohlfühlen. Ich glaube, viele schätzen es, dass mein Café etwas anders ist. Man kommt ins Gespräch, wenn man das möchte, und darf natürlich auch für sich sein. Ich unterhalte mich gerne mit den Gästen über ihre persönlichen Geschichten und Erlebnisse. Das ist immer spannend, wie unterschiedliche Erfahrungen und welche Heimat jeder einzelne Mensch hat.

Gemeinschaftliches Leben, große Freude, die Region zu beleben. Inspiration und Austausch ist für mich ganz wichtig. Ich habe noch einiges vor, hier in der Heimat mit meinem kleinen HEIMATHAFEN. Dinge dürfen einfach wachsen, ganz langsam Stück für Stück.

Außen- und Innenbereich vom Café HEIMATHAFEN in Willmars © Kati Schulz

Heimat ist für mich der Ort, wo meine Wurzeln liegen. Ich lebte lange in der Innenstadt von Bad Neustadt. Die Rhön war schon immer ein großer Teil von uns, da auch meine Mutter hier aufgewachsen ist. Die weite Ferne, die Sehnsucht, die mich als Kind schon immer dort hochgetragen hat. Ein Gefühl, welches ganz tief in mir verankert ist.

Mein Lieblingsort in der Rhön ist übrigens der Rothsee, eingebettet wie er da liegt, der Duft im Mai von Waldmeister in meiner Nase. Wenn am frühen Morgen die Angler dasitzen und man dem See seinen Geschichten lauschen kann. Ein herrliches Gefühl, welches ich bis heute liebe. Die Jahreszeiten Mai und Juni sind mir am allerliebsten, wenn alles erwacht und die grünen Wiesen so satt sind, der Raps blüht und die Sonne immer mehr erwacht. Jedem würde ich sagen: „Gehe bitte zum Rothsee. Auch wenn er für dich vielleicht nicht so magisch ist, ist es ein ganz besonderer Platz zum Wohlfühlen.“. Weiter geht's zum Schwarzen Moor, ein Ort der kostenlos ist, aber auf keinen Fall umsonst. Zu jeder Jahreszeit ist dieses kleine Stückchen Erde einfach ein Juwel.

Mit offenen Augen durchs Leben gehen, die kleinen Momente aufsaugen, im eigenen Dorf die kleinen schönen Sachen entdecken. Das sind alles Punkte für mich, für meine Heimat. Einen Plausch halten, mit Menschen reden, zusammen Dinge anpacken. Ich liebe meine Heimat sehr, die Menschen die hier leben, ihre Geschichten – aus einer Zeit, die für mich nicht greifbar ist. Ich mag es, wenn die alten Leute über ihre Erlebnisse erzählen, solange sie noch können.

Heimat, die Rhön, das Dreiländereck und alles was damit verbunden ist, schätze ich. Es ist schön hier zu leben, wo andere Urlaub machen.

Meine Heimat: Ist es die Erinnerung an meine Kindheit, einen Ort oder doch ein Gefühl? Ich glaube im Herzen, ist es da, wo ich meine Kindheit in wunderschönen Zeiten erlebt habe. Heimat bedeutet für mich Geborgenheit und ist ein Ort an dem ich mich Zuhause fühle. So soll es auch für meine Gäste im HEIMATHAFEN sein. Sie sollen sich immer rundum wohlfühlen.

Erschienen in der Ausgabe 08/2023 (zum Heftarchiv).